Injera und wenn Integration durch den Magen geht

Ich hatte das Glück in einer sehr weltoffenen und engagierten Familie aufzuwachsen. Durch das Engagement meiner Mutter im Flüchtlingswesen kam ich zum ersten Mal in den Genuss von Injera. Jedes Jahr findet bei uns im Dorf der Flüchtlingstag statt. Menschen verschiedenster Ethnien kochen zusammen typische Gerichte ihres Landes, die sie dann verkaufen. Mein absoluter Favorit ist jedes Jahr der Stand, an dem eritreische Frauen Shiro, Wot und Injera anbieten. Fast das ganze Dorf kommt zusammen, Musik wird gespielt, es wird zusammen gegessen und gelacht. Neugierig gehen die Menschen aufeinander zu und trotz Sprachbarrieren kommt es zu einem Gedankenaustausch. Tja, eben nicht nur die Liebe, sondern auch interkulturelles Verständnis geht durch den Magen.

Injera wird typischerweise in der Äthiopien und Eritrea zu den Mahlzeiten gereicht. Ich kann mich noch gut an das amüsante Erlebnis erinnern, als wir bei einer Eritreerin eingeladen waren und sie mich völlig entgeistert ansah, als ich den vegetarischen Wot wrapmassig in das gereichte Injera einpackte und zu essen begann. Wie ich lernte, wird der Injerafladen stückweise ins Gericht gedippt und die Nahrung so in den Mund befördert. Super, essbares Besteck und Teller in einem =)! Der Fauxpass führte zu allgemeinem Gelächter und zeigte wunderschön wie nicht nur unsere Immigranten von uns, sondern auch wir von ihnen viel lernen können. Die Gespräche mit Menschen verschiedenster Hintergründe empfinde ich als enorm wertvoll. Ich bemerke immer wieder wie Dinge, die für mich selbstverständlich sind, ein Geschenk sind. Wie beispielsweise Schulbildung und das Privileg, sich entscheiden zu können, welchen Job man erlernen möchte. Auch schätze ich es, neue Sichtweisen und Herangehensweisen an Probleme kennen zu lernen. Es öffnet mir immer wieder die Augen und lernt mich, das Privileg, in der Schweiz leben zu dürfen, mehr zu schätzen. Und manchmal sind es einfach die kleinen Dinge, die mein Herz zum Lachen bringen. Wie als meine Schwester mir nach einem Ausflug mit einem Mann, den sie im Deutschunterricht kennengelernt hatte, erzählte wie erstaunt dieser war, als sie die Sonne auf dem Berg geniessen konnten während im Tal Nebel herrschte. «Jetzt lebe ich doch schon seit fünf Jahren in der Schweiz und niemand hat mir gesagt, dass die Sonne oben scheint, wenn unten Nebel herrscht.»

Injera wird traditionellerweise aus Teff, einer Zwerghirseart hergestellt und erhält seinen charakteristischen, säuerlichen Geschmack durch einen mehrtägigen Gärprozess. Da mich dies sehr an meine Sauerteigbrot Herstellung erinnerte, entschied ich mich, statt gekaufter Hefe meinen selbstgezogenen Sauerteigansatz zu verwenden. Wäre ich eine afrikanische Hausfrau würde ich wohl jedes Mal etwas des Injerateigs aufbewahren für die nächsten Fladen, doch der Sauerteigansatz funktioniert ebenfalls wunderbar. Von einem äthiopischen Koch erhielt ich den Tipp, das glutenfreie Teffmehl mit etwas anderem Haushaltsmehl zu mischen, um ein besonders elastischen Teigfladen zu erhalten. Möchtest du dein Injera jedoch komplett glutenfrei, kannst du es auch nur aus Teffmehl herstellen. Das Pseudogetreide ist nicht nur glutenfrei, sondern auch voller Mineralstoffe wie Eisen, Kalium, Magnesium und Zink und hat einen Proteingehalt von über 10g pro 100g Mehl. Die enthaltene Kieselsäure sorgt für glänzende Haare und starke Nägel. So viel Power im kleinsten Getreide der Welt!

Das brauchst Du:

2 EL Sauerteigansatz*

2 Tassen Teffmehl**

1 Tasse Ruchmehl (für die glutenfreie Variante eine weitere Tasse Teffmehl verwenden)

3 Tassen lauwarmes Wasser

Salz

*wie Du Deinen eigenen Sauerteigansatz heranzüchtest erkläre ich Dir in meinem Blogpost ‘Quinoasauerteigbrot und über die Kunst des Brotbackens’.

** Das Teffmehl habe ich in einem afrikanischen Supermarkt gefunden, man findet es aber auch in einem gut ausgestatteten Bioladen.

So wird’s gemacht:

Mehl, Sauerteig und Wasser gut verrühren und bei Raumtemperatur für zwei bis drei Tage stehen lassen. Du wirst feststellen, dass der Teig säuerlich zu riechen beginnt und Blasen wirft. Um die Injerafladen fertigzustellen, eine Bratfanne erhitzen und mit etwas Salz bestreuen. Es ist wichtig, dass die Pfanne sehr heiss ist, damit deine Injeras nicht kleben bleiben. Nun gibst Du etwas Teig in die Pfanne und schwenkst ihn herum, um den Boden der Pfanne gleichmässig zu bedecken. Sobald der Rand deines Fladens sich von der Pfanne zu lösen beginnt, ist Dein Injera fertig und du kannst mit dem nächsten Fladen beginnen. Ja, Du hast mich schon richtig verstanden, es sind keine Pfannkuchen und werden nicht gewendet ?. Für jeden neuen Fladen bestreue ich den Pfannenboden wieder mit etwas Salz. Die bereits ausgebackenen Injeras in eine Alufolie einschlagen und so bis zum Verzehr schön weich zu halten. Deine Injeras sind warm wie kalt eine Köstlichkeit!

Karottenlachs

Das war ein Erfolgserlebnis! An Weihnachten tischte ich meiner Familie meinen Karottenlachs auf. Selbst meine Grosseltern probierten. Mein Grossvater, der früher jedes Jahr nach Alaska flog, um dort Lachs zu fischen und uns dann mit selbstgefangenem, geräuchertem Lachs beschenkte, sah mich erstaunt an und meinte, das schmecke ja wie Lachs. Juhuii! Ich würde wohl behaupten, mein Lachs hat den Test bestanden!

Lachs wird mit seinem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren beworben und ist definitiv ein Geschmackserlebnis. Super, gesund und noch lecker? Das esse ich nun jeden Tag! Wir Menschen haben es nicht so mit der Mässigung und die natürlichen Lachsbestände sind durch Überfischung und weiteres menschliches Einwirken vom Aussterben bedroht. Hast Du gewusst, dass Lachs bis 1950 auch in der Schweiz einheimisch war?

Die Alternative zum Lachs aus Wildfang bieten Fischfarmen. Das Pendent zur Schweinezucht in Fischform. Die Lachse werden mit Kunstfutter, in der Regel Pellets aus gepresstem Fischmehl, gefüttert. Das Problem hierbei ist, dass dies eine enorme Umweltbelastung darstellt und zur Eutrophierung der Gewässer führt. Ein weiterer Aspekt ist, dass es sich hierbei um nichts anderes als Massentierhaltung mit all ihren bekannten Problematiken handelt. Besonders die Notwendigkeit zur Behandlung mit Arzneimittel gegen Parasiten und Antibiotika ist bedenklich.

Heisst das, Du darfst gar keinen Lachs mehr essen? Ich bin die letzte, die Dir solche Verbote aufdrängen würde. Aber wie wär’s mit Mässigung? Weniger oft, dafür qualitativ hochwertigen und nachhaltig gefischten Lachs kaufen? Damit Du aber nicht vollständig auf den leckeren Lachsgeschmack verzichten musst, habe ich eine karottenbasierte Lachsversion für dich, die du ohne schlechtes Gewissen täglich essen kannst. Falls du um Deine Omega-3-Fettsäuren besorgt bist- es gibt auch pflanzliche Quellen wie zum Beispiel Lein-, Chia- oder Hanfsamen, Walnüsse und Rapsöl.

Zutaten:

1-2 dicke Karotten

4 EL Reisessig

4 EL neutrales Öl oder wer den Omega-3-Gehalt aufpeppen will: Leinöl

1 EL Sojasauce

1 EL liquid Smoke*

1 Blatt Norialgen

*hab ich im Bioladen gefunden, sollte aber auch online erhältlich sein. Normalerweise bin ich kein Fan von Rezepten, die nach exotischen Zutaten verlangen, doch in diesem Fall macht das Raucharoma den Geschmacksunterschied zwischen Karotte und Lachs aus.

So wird’s gemacht:

Die Karotten der Länge nach mit einem Gemüsehobel (alternativ kann auch ein Sparschäler verwendet werden) in ‘Lachsfilets’ schneiden. Die gehobelte Karotte in den Dämpfaufsatz Deiner Pfanne geben und für 5 Minuten dämpfen. Die Zeit hängt stark davon ab, wie dick Du deine Karottenfilets gehobelt hast, daher immer wieder nachschauen. Du willst ja Lachsfilets und keinen Lachsmousse…

In der Zwischenzeit die Marinade zubereiten. Hierfür die Norialgen möglichst klein zerbröseln und mit den restlichen Zutaten vermischen. Die noch warmen Karottenfilets zum Dressing geben und über Nacht im Kühlschrank marinieren lassen. Der Geschmack wird bei längerer Lagerung umso intensiver, jedoch überlebt diese Köstlichkeit bei mir nie sehr lange ?.

Kimchi-Sauerkraut auf Koreanisch

Eigentlich ironisch, dass ich meine Liebe zu Kimchi in England entdeckte. In meinem Zwischenjahr verbrachte ich einige Zeit in Bristol und besuchte die dortige Sprachschule. Ich hatte diese bewusst so ausgesucht, dass ich nicht zu viele Schweizer kennen lernen würde (um Schweizerdeutsch zu lernen, muss ich ja nicht ins Ausland gehen). Mein Plan ging gut auf und ich lernte ein paar unglaublich nette Koreanerinnen kennen. Ich genoss die Möglichkeit, mehr über die Menschen dieses mir bisher fremden Landes und ihre Gepflogenheiten zu lernen. Die Küche des eigenen Landes war natürlich auch ein grosses Thema unserer Diskussionen und so kam es, dass die neugierige Schweizerin zum ersten Mal Kimchi probieren durfte. Eine Liebesgeschichte begann…

Meine ‘Kimchi for Dummies’ Beschreibung ist ganz einfach ‘Sauerkraut auf Koreanisch’. Denn die Grundlagen sind dieselben; Kohl, der milchsauer fermentiert wird. Im Unterschied zu unserer europäischen Version wird der Kohl vor der Fermentation mit einer Gewürzpaste massiert sodass das Endprodukt eine echte Geschmacksexplosion im Mund ist.

Wie meine koreanische Kollegin mir erklärte, wird Kimchi in Korea zu allem gegessen und ist unglaublich gesund. Ob man’s glaubt oder nicht, in den meisten koreanischen Haushalten gibt es sogar einen eigenen Kimchi-Kühlschrank! Es gibt viele verschiedene Arten von Kimchi und jeder Haushalt hat wohl sein eigenes Geheimrezept für die Gewürzpaste. Ich zeige Euch hier meine Lieblingsversion mit Chinakohl.

Zutaten:

1 grosser Chinakohl

2 Karotten

1 Bund Frühlingszwiebeln

Meersalz (ohne Jod!)

*Die Mengen hierbei sind geschmackssache. Je nach Volumen des Kohls verwende ich mehr oder weniger von den weiteren Zutaten. Als Faustregel verwende ich pro Kohlkopf 2 Karotten, einen Bund Frühlingszwiebeln und ¼ Tasse Salz

Gewürzpaste:

1 Zwiebel

1 Tasse Knoblauchzehen

ein daumengrosses Stück Ingwer

5 EL süsses Reismehl (sweet rice flower/glutinous rice flower)

3 getrocknete Shitakepilze

1 handgrosses Blatt getrocknete Kombu Alge

2 Tassen koreanischer Cayennepfeffer (Gochugaru)

*Die angegebenen Mengen ergeben eine RIESEN Menge an Gewürzpaste, die ich portionenweise einfriere, damit ich nicht jedes Mal von neuem meinen Mixer von seinem intensiven Geruch befreien muss. Wenn Du Dir noch nicht ganz sicher bist, ob du ein Kimchi Fanatiker bist wie ich, dann würde ich Dir empfehlen, die Menge zu vierteln.

*Ich habe das Reismehl und den Gochugaru Pfeffer im Asia Laden bei mir um die Ecke gefunden. Solltest Du nicht das Glück haben, einen gut ausgerüsteten Laden in deiner Nähe zu haben, kannst du den Reispudding herstellen indem du 3 Tassen gekochten Sushireis pürierst.

 So wird’s gemacht:

Als erstes wird der Chinakohl vorbereitet. Falls nötig, werden die äussersten Blätter des Chinakohls entfernt. Danach wird dieser der länge nach geviertelt, der Strunk entfernt und die Viertel dann in kleinere Stücke zerteilt. Der Chinakohl fällt im weiteren Prozess zusammen, daher sollten die Stücke nicht zu klein sein (mein Richtwert ist die Hälfte meines Handys ?). Der Kohl wird gewaschen um allfälligen Dreck zu entfernen. Nun folgt das Einsalzen. Pro Kohlkopf verwende ich 1/4 bis 1/3 Tasse Salz, welches ich zwischen die Schichten von Kohlblättern gebe. Irgendwie wie Lasagne machen nur dass wir hier Chinakohl und Salz schichten… Zum Schluss wird der Kohl mit einem Teller bedeckt und beschwert (beispielsweise mit einem Vorratsglas voller Bohnen). Nach 30 Minuten kann der Kohl durchmischt werden, damit alle Stücke gleichmässig eingesalzen werden. Wiederrum beschweren und die Prozedur nach 30 Minuten wiederholen.

In der Zwischenzeit kann die Gewürzpaste zubereitet werden. Hierzu werden zuerst die getrockneten Shitakepilze und die Kombu Alge in 2 Tassen heissem Wasser eingelegt.Das Reismehl wird in 3 Tassen Wasser (750 ml) eingerührt und zum kochen gebracht. Sobald die Mischung anzudicken beginnt, sie vom Herd nehmen, nochmals gut durchrühren und beiseitestellen. Die Zwiebel in Stücke schneiden, den Knoblauch und Ingwer schälen und im Mixer zusammen mit dem Einweichwasser der Pilze und der Alge zu einer breiartigen Masse pürieren. Die Shitakepilze in kleine Würfel schneiden und zusammen mit der Knoblauch-Paste, dem Cayennepfeffer und 4 EL Salz unter den Reispudding geben.

Die Karotte in Stifte schneiden, die Frühlingszwiebeln der Länge nach halbieren und danach ebenfalls in längliche Stücke schneiden. Den eingesalzenen Kohl mehrmals waschen und mit 1/2 bis  1 Tasse Gewürzpaste (je nachdem wie scharf Du es magst) vermengt. Hierbei solltest Du darauf achten, dass wirklich jedes Kohlblättchen etwas Farbe bekommt. Es empfiehlt sich, für diesen Schritt Plastikhandschuhe zu tragen…

Nun beginnt die Sauerei (jedenfalls bei Leuten mit meinem Geschick). Die Gewürzpaste/Kohl Mixtur wird in saubere Gläser verpackt. Nach jeder Ladung Kohl das ganze gut nach unten pressen, damit keine Luftblasen entstehen. Die Gläser verschliessen und bei Zimmertemperatur für 2 Tage reifen lassen. Das Kimchi kann danach bereits genossen werden, jedoch wird der Geschmack nach einer weiteren Woche Reifezeit im Kühlschrank umso intensiver.