Das Brot, welches wir heute im Supermarkt kaufen, wird schon lange nicht mehr in einer idyllischen Bäckerei, sondern in einer Fabrik hergestellt und enthält jede Menge Zusatzstoffe, damit das Brot schneller aufgeht, lockerer wird und länger haltbar ist. Habe ich schon die Geschmacksverstärker erwähnt? Das hat nicht mehr viel mit der ursprünglichen Art der Brotherstellung zu tun. Als ich zum ersten Mal begann, mit meinem eigenen Sauerteig herumzuexperimentieren, wurde mir auch klar warum. Es ist eine wahre Kunst, ein gutes Sauerteigbrot zu backen und ganz nach dem Sprichwort ‘gut Ding will Weile haben’ dauert der ganze Prozess einige Tage. Doch der Aufwand lohnt sich, versprochen! Du wirst nicht nur durch ein wahres Geschmackserlebnis, sondern auch durch gesundheitliche Vorteile belohnt.
Sauerteig erhält seinen charakteristischen Geschmack durch die Mikroben die in ihm leben. Milchsäurebakterien (typisch sind die Arten Lactobacillus plantarum und Lactobacillus brevis) wandeln Zucker in Milchsäure um, das wiederrum von den im Sauerteig vorhandenen Hefen (meist Saccharomyces cerevisiae) weiter verstoffwechselt wird. Während die Milchsäure dem Sauerteigbrot den charakteristischen Geschmack verleiht, sind die Gase, die während diesen Prozessen entstehen dafür verantwortlich, dass der Teig aufgeht. Zudem produzieren die Bakterien ein Enzym namens Phytase, dass bis zu 80 Prozent der im Getreide enthaltenen Phytate abbaut. Moooment! Jetzt wird’s aber chinesisch! Was sollen jetzt diese Phytate und warum ist es gut, wenn diese abgebaut werden? Phytate sind sekundäre Pflanzenstoffe, die in der Kleie vom Getreide, und somit dummerweise immer in Vollkornprodukten, vorkommt. Diese Stoffe binden Mineralstoffe wie Eisen, Calcium, Magnesium oder Zink, die wir dadurch nicht aufnehmen können. Doch dank der von den Bakterien produzierten Phytase werden die Phytane abgebaut und wir können die Mineralstoffe aufnehmen. Da lohnt sich der Aufwand, nicht?
Um Dein eigenes Sauerteigbrot backen zu können musst Du zuerst die Milchsäurebakterien und Hefezellen heranzüchten. Das machst Du, indem du die perfekten Bedingungen für die gewünschten Mikroorganismen schaffst, sodass sie gut wachsen können und die anderen, unerwünschten Arten ‘ausstechen’. Die Mikroorganismen sind nämlich bereits auf dem Korn da, du brauchst sie nur noch ‘herauszufiltern’ und zu vermehren. Hier erkläre ich Dir, wie dies geht.
Sauerteigstarter
Roggenvollkornmehl
warmes Wasser
Honig
Als erstes vermengst Du einen TL Honig mit 3 EL warmem Wasser und gibst anschliessend 3 EL Roggenvollkornmehl dazu. Die Mixtur gut umrühren und bei Zimmertemperatur fürcirca einen Tag stehen lassen. Je nachdem wie warm es bei Dir Zuhause ist, dauert dieser Schritt unterschiedlich lange. Ist es gemütlich warm, dann kannst du bereits nach einem Tag weiterfahren, ist es Winter und etwas kühler bei Dir, dann wartest du besser zwei Tage. Von Zeit zu Zeit gut umrühren, damit die Hefen genug Sauerstoff zum atmen haben. Am nächsten Tag gibst Du wieder 3 EL warmes Wasser, 1 TL Honig und 3 EL Roggenmehl dazu und rührst gut um. Dies wiederholst du auch am dritten Tag. Nach dieser Zeit wirst Du feststellen, dass Du Blasen im Teig sehen kannst und Du einen säuerlichen Geschmack wahrnimmst. Juhuu! Deine kleinen Helfer haben mit der Arbeit begonnen. Nun musst Du dafür sorgen, dass sie nicht zu wenig zu Essen haben. Ab nun jeden Tag etwa die Hälfte des Sauerteigs wegleeren und 2 EL Mehl, sowie 2 EL warmes Wasser beigeben. Da Du nun den Zuckerfix weglässt, kann es sein, dass der Sauerteig anfänglich etwas weniger aufgeht als zuvor. Einfach weitermachen. Nach circa einer Woche sollte Dein Sauerteigstarter ready für die erste Backrunde sein. Ob dein Liebling wirklich schon bereit ist, kannst Du ganz einfach testen. Du gibst einen Esslöffel Deines Starters in eine Schüssel mit warmem Wasser. Schwimmt der Sauerteig oben auf, ist er bereit, sonst musst Du ihn für einige Tage weiter füttern.
Nachdem Du etwas von Deinem Sauerteigansatz fürs Backen entnommen hast, fütterst Du ihn jeweils mit 3 EL Mehl und 3 EL Wasser, lässt ihn bei Raumtemperatur für einen Tag stehen, bevor du ihn in den Kühlschrank stellst. Wenn Du Deinen Sauerteigstarter nicht gerade brauchst, kannst du ihn in den Winterschlaf im Kühlschrank schicken. Damit Deine neuen Haustiere auch den harten Winter überleben, musst Du sie einfach alle 7 Tage füttern. Das bekannte Prozedere: Die Hälfte entsorgen (oder eben ein Brot damit backen) und mit 3 EL Mehl und 3 EL Wasser füttern.
Geschafft! Da Du nun Deinen eigenen Sauerteigansatz herangezüchtet hast, kannst Du Dich ans Brotbacken machen.
![](http://esserwisser.ch/wp-content/uploads/2019/01/Quinoasauerteig4_-752x1024.jpg)
Für Dein Quinoasauerteigbrot brauchst Du:
Für den Vorteig, am Vorabend zubereiten:
3 EL Sauerteigansatz
5 EL Mehl
5 EL Wasser
Für den Hauptteig:
½ Päckchen Hefe*
1 Tasse Quinoa
1 Tasse Wasser
1 Tasse Mehl
1.5 TL Salz
2 EL Chiasahmen
1 Handvoll Walnüsse
*Ist Dein Sauerteigansatz noch relativ jung, kann es sein, dass er noch nicht sehr triebstark ist. Damit Dein Brot trotzdem schön luftig wird, gibst Du einfach etwas Trockenhefe hinzu. Wenn Deine Mikroben jedoch wahrliche Kraftprotze sind, kannst du die Hefe jedoch getrost weglassen.
Am Vortag den Sauerteigansatz in 5EL warmem Wasser auflösen, 5 EL Mehl hinzugeben, zudecken und über Nacht stehen lassen. Quinoa in reichlich Wasser über Nacht quellen lassen.
Am nächsten Tag das Wasser abgiessen und die Quinoakörner gut abspülen. Mit einer Tasse Wasser in Deinen Mixer geben und zu einem gleichmässigen Teig pürieren. Die Quinoamasse unter den Sauerteig rühren, Hefe, Mehl hinzugeben und für 30 Minuten stehen lassen. Danach Salz, Chiasahmen und Walnüsse unterrühren und für 1 Stunde aufgehen lassen.Der Teig sollte nun circa auf das 1.5 fache Volumen aufgegangen sein und die Chiasahmen sind aufgequollen. Jetzt kann der Teig in eine gefettete Kastenform gegeben werden und muss für eine weitere Stunde abgedeckt ruhen. In der Zwischenzeit den Ofen auf 220°C vorheizen und ein leeres Backblech unter einem Backrost in den Ofen schieben. Ist der Teig zum zweiten Mal schön aufgegangen, die Kastenform auf den Backrost stellen und 1 Tasse Wasser auf das darunterliegende Backblech giessen. Den Ofen schnell schliessen. Der Wasserdampf führt zu einem besonders knusprigen Endergebnis. Nach 10 Minuten Backzeit den Ofen einen spaltbreit öffnen damit der Dampf entweichen kann, die Backtemperatur auf 180°C reduzieren und für weitere 30 Minuten backen. Danach das Brot aus der Form nehmen und im warmen Ofen für weitere 5-10 Minuten knusprig werden lassen. Um zu testen ob das Brot fertig ist, an die Unterseite klopfen. Klingt es hohl, ist das Brot fertig, sonst muss es für weitere 5-10 Minuten in den Ofen.