Über den Zusammenhang von sauren Gurken und Milchprodukten

Als ich begann, mich intensiv mit Lebensmitteln zu beschäftigen und die Zutatenlisten hinten auf dem Lebensmittel zu lesen, entdeckte ich den Zusatzstoff E270, die Milchsäure. Ich fand Milchsäure in diversen Lebensmitteln; in Süsswaren, Limonaden, sauren Gurken bis zu Feinkostsalaten und ich war irritiert. Was um Himmels Willen sollen diese Lebensmittel mit Milch zu tun haben? Kann ich die nicht mehr essen, wenn ich auf tierische Produkte verzichte?

Glücklicherweise nicht. Denn Milchsäure ist zwar in Milchprodukten wie Yoghurt oder Sauermilch vor, ist an sich jedoch vegan. Es sind nämlich nicht die Kühe, die die Milchsäure herstellen, sondern die Milchsäurebakterien. Lactobacteriaceae sind eine Ordnung von grampositiven, fakultativ anaeroben Bakterien, die zur Energiegewinnung Zucker zu Milchsäure abbauen. Falls es dir nicht so ganz geheuer ist, ein bakterielles Produkt in deiner Nahrung zu haben, kann ich dich beruhigen. Denn die Ansäuerung von Lebensmitteln durch Milchsäure hat durchaus ihren Grund. Durch die Absenkung des pH-Wertes wird das Wachstum von Krankheitserregern im Nahrungsmittel gehemmt und somit die Haltbarkeit verlängert. Die Milchsäure kommt auch ganz natürlich in Lebensmitteln wie Sauerkraut, Kimchi oder Yoghurt (auch in der veganen Variante ?) vor. Diese Produkte werden in ihrem Herstellungsprozess mithilfe von Milchsäurebakterien fermentiert und sind dadurch besonders wertvoll für die Gesundheit. Milchsäurebakterien sind Bestandteil einer gesunden Darmflora und unterstützen unsere Verdauung tatkräftig. Sie helfen uns, bestimmte Nährstoffe besser aufzunehmen, produzieren Vitamine und nehmen unerwünschten Bakterien den Platz weg. Die Milchsäure, die bereits in den fermentierten Produkten enthalten ist, unterstützt die Eiweissverdauung und das durch die Mikroben gebildete Vitamin C unterstützt die Eisenaufnahme und fördert die körpereigenen Abwehrkräfte.

Wow! Kein Wunder, dass Sauerkraut so gehypt wird! Doch wie kommen die Milchsäurebakterien dort rein, fragst Du dich? Die Antwort ist simpel; sie sind bereits dort. Milchsäurebakterien sind wie es in der Fachsprache genannt wird, ubiquitär verbreitet. Auf gut Deutsch heisst das nichts anderes, als dass sie so ziemlich überall zu finden sind. Also auch auf dem Kohl, der fürs Sauerkraut verwendet wird. Die Kunst besteht darin, Bedingungen zu schaffen, bei denen sich die Milchsäurebakterien besonders wohl fühlen und einen Vorteil gegenüber den anderen vorhandenen Mikroorganismen haben. Ich habe bereits oben erwähnt, dass Milchsäurebakterien fakultativ anaerob sind. Falls Du damit nichts anfangen kannst, hier die Erklärung dazu: Anaerob heisst, dass die Bakterien ohne Sauerstoff wachsen. Das ‘fakultativ’ davor bedeutet, dass sie Sauerstoff zwar nicht benötigen, daran aber auch nicht gleich zu Grunde gehen. Für uns ist dieses Wissen nützlich, da wir den Milchsäurebakterien helfen können, indem wir den Sauerstoff aus der Gleichung entfernen. Beim Sauerkraut geschieht dies indem wir den Kohl mit Salz massieren, damit dieser schön weich wird und wir ihn kompakt und möglichst ohne Luftblasen ins Glas schichten können. Der dabei austretende Saft sollte den Kohl bedecken, damit eben kein Sauerstoff mehr zum Kohl kommt. Das verwendete Salz hat ebenfalls seinen Nutzen. Milchsäurebakterien gedeihen am besten bei einem Salzgehalt von 1,5 bis 2,2 Prozent, tolerieren aber auch etwas höhere oder tiefere Werte. Fermentiere ich anderes Gemüse wie beispielsweise Karotten, die keinen so hohen Wassergehalt wie Kohl haben, lege ich es in einer Salzlake ein, die den oben beschriebenen Salzgehalt aufweist (bei der Berechnung wird das Gewicht des Gemüses miteinbezogen). Bei der Salzauswahl ist es wichtig zu beachten, dass es um jodfreies Salz handelt. Nicht umsonst wird Jod dazu verwendet Wunden zu desinfizieren, es tötet nämlich Bakterien ab. Unbehandeltes Meersalz, Steinsalz oder koscheres Salz sind daher eine gute Wahl. Ein weiterer wichtiger Punkt, den es zu beachten gibt, ist die Temperatur. Milchsäurebakterien mögen es kuschelig warm. Möchtest du beispielsweise deinen eigenen Yoghurt herstellen, musst Du die Temperatur möglichst konstant bei circa 40°C halten. Für die Herstellung von Sauerkraut ist Raumtemperatur ausreichend. Du wirst jedoch feststellen, dass die Fermentation im Sommer viel schneller vonstattengeht als im Winter. Wie auch bei vielen chemischen Reaktionen gilt bei diesem Prozess, je wärmer, desto schneller. Nur dass es den Bakterien ab einer bestimmten Temperatur zu heiss wird und sie sterben. Da wären wir bei der Pasteurisation und Sterilisation, aber dazu ein anderes Mal.

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